Mit dem Fahrstuhl in die Vergangenheit
Unsere 8er auf dem Herding-Festival-2025 der FS Geschichte und dem LWL-Industriemuseum
#Herding-Festival-2025
#GeschichtevorOrt
#MitdemFahrstuhlindieVergangenheit
#GeschichteamKapuundimMuseum
Am Dienstag, den 3. Juni trafen sich auch in diesem Jahr alle Schüler*innen der Jahrgangsstufe 8 unserer Schule zum traditionellen Herding-Festival.
Leicht verschlafen (nach dem langen Wochenende) und ein bisschen unruhig kamen alle gegen 8.30 Uhr in Kleingruppen zusammen und warteten auf die Dinge, die da kommen sollten. Viele kennen den authentischen Lernort bereits aus der Jahrgangsstufe 5 und haben damals schon erste Fäden zum historischen Ort geknüpft.
Ein Gefühl der allgemeinen Vertrautheit machte sich also breit; schließlich kennen sich dann ja doch alle irgendwie aus der Schule. Nur ist man so selten als gesamte Jahrgangsstufe unterwegs. Auch deswegen lohnt sich das Herding-Festival immer wieder. Als Stufe ein ganzer Vormittag zusammen im Museum.
Schnell aber bewies die vertraute Zusammenarbeit zwischen dem LWL-Industriemuseum in Bocholt und dem Kapu, dass das Lernen an außerschulischen Lernorten Geschichte erlebbar gemacht werden kann - und für alle auch erlebbar gemacht werden soll.
„Das Herding-Festival ist seit gut 15 Jahren fester Bestandteil unserer Kooperation mit dem LWL-Textilwerk“, erklärte dazu Herr Schepp und weiß als erfahrener Geschichtslehrer: „Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts ist thematischer Baustein der unterrichtlichen Arbeit in der Jahrgangsstufe 8. Damit ist das Herding-Festival eine wichtige Ergänzung unseres Geschichtsunterrichts. So können wir einen konkreten lokalen Bezug ableiten, weil unsere Schüler*innen so viel Neues über ihre Stadt erfahren. Schule trifft auf Museum und Industrie.“ Eine runde Sache also.
Aber bereits beim Eintritt in die Gebäude fiel im Vergleich zu vorangegangenen Besuchen auf, dass sich dann doch ein bisschen was verändert hat. Ein Museum ist halt nie nur ein Museum. Ursprünglich begrüßten einen die ersten Ausstellungsstücke bereits im Foyer, doch weichen diese nun einem strahlend weißen Anstrich, der Offenheit und Transparenz vermittelt. Ein schönes neues Gewand.
Dieses Gefühl der Offenheit weist auf das grundsätzliche Konzept im Bocholter TextilMuseum hin. Wo zuvor noch Eisenstäbe und Ketten den direkteren Zugriff verhinderten, können die Besucher*innen nun in den Textilsektor der Industrialisierung nachhaltiger eintauchen. So kann man sich frei zwischen den Maschinen bewegen und die Verzahnung der Arbeitsprozesse am eigenen Leib nachvollziehen. Das war und ist spannend. Für die alten Hasen und für die neuen auch.
Nach einer wertschätzenden und zugewandten Begrüßung legten die Schüler*innen direkt in ihren Arbeitsgruppen los; angeleitet von Frau Marciniec und Frau Splithoff und ihrem pädagogischen Team. Und es war für alle etwas dabei:
Weniger Arbeit, mehr Geld! – Gibt es eine gerechte Bezahlung?
Wer hat im frühen 20. Jahrhundert in der Weberei gearbeitet und unter welchen Bedingungen? Spielerischer Ausgangspunkt war ein fiktiver Streik, der die Teilnehmenden in die Hochphase der Industrialisierung in Bocholt versetzte. Aus der Perspektive verschiedener Personen entwickelten unsere 8er kreative Präsentationsformen, in denen sie sich mit sozialen Aspekten wie Arbeitsbedingungen, Privatleben und soziales Umfeld auseinandersetzten. Grundlagen der Arbeiterbewegung im industriellen Zeitalter werden so in einem authentischen Umfeld erlebbar (s.o.). Abschließend diskutierten sie Aussagen zum Thema „Wie möchte ich arbeiten?“ im Kontext verschiedener Berufe und Geschlechter, die Anregungen für eigene Wertesysteme gaben und geben.
Kraft und Kohle – Energie(n) freisetzen
CO2 - Fußabdruck, Klimawandel, unkontrolliertes Konsumverhalten. In diesem Programm gehen die Teilnehmenden auf Spurensuche und entschlüsseln ein Geheimnis der Fabrikindustrialisierung. Dabei diskutieren sie Ursachen und Entwicklungen des Klimawandels, erkennen deren Konsequenzen und mögliche Folgen für die Zukunft. Neben dem selbständigen Durchführen von Experimenten zur Energiegewinnung erhalten die Schüler:innen einen Einblick in die Welt der Industrialisierung. Anhand von originalen, technischen Maschinen interpretieren sie nicht schriftlichen Quellen und deren Bedeutung innerhalb der regionalen Textilindustrie. Wie technische Entwicklungen und Innovationen messbar werden, untersuchen die Teilnehmenden und übertragen ihre Ergebnisse in die Gegenwart und Zukunft.
In oder Out - bist Du ein*e Trendsetter*in?
Bist du ein*e Trendsetter*in? Was unterscheidet einen Trend von der Mode und wie entstehen beide? Das Programm untersuchte auf der Grundlage von historischer Kleidung die Entwicklungen der Mode im 20. Jahrhundert, des Designs und hinterfragt Rollenbilder. Die Schnelllebigkeit der Mode lenkt den Blick auf deren Produktion. Die Schüler*innen beurteilten ihre eigenen Verhaltensweisen und ihr Kaufverhalten unter Aspekten der Nachhaltigkeit. Sie gingen selbst unter die Designer*innen und erstellten ein Moodboard, die Grundlage für kommende Kollektionen. Abschließend entwickeltn sie ein Gefühl für diverse historische Moden von 1780 bis in die 2000er Jahre, die sie beispielhaft selbst ausprobierten. Kleider machen Leute. Gestern. Heute. Morgen.
Distelgelb und läuserot – Schöne bunte Färbewelt
Was wäre die Welt ohne Farben? Wie gelangen Farben in den Stoff? Diesen Fragen gingen die Teilnehmenden experimentell an. Seit der Entdeckung der Anilinfarben im 19. Jahrhundert bringen inzwischen Farben jedes Jahr mit ihren verschiedenen Kollektionen die Welt zum Strahlen. Doch wie war es zuvor? Im Workshop probierten die Schüler*innen selbst den Färbeprozess mit natürlichen Farben aus und gewannen darüber hinaus ein Verständnis für das Färben. Die Folgen für die Umwelt, deren Bedeutung der Farben für den sozialen und finanziellen Status spürten die 8er nach und hielten später ein selbst gefärbtes Stück in Händen. Gleichzeitig reflektierten sie historische Quellen und erschlossen sich Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Schönheit, KI & Ich.
Von Twiggy bis Billie Eilish, von David Bowie bis BTS - Schönheitsideale sind ständig im Wandel.
Doch wer oder was beeinflusst heute unsere Vorstellung von Schönheit? Welche Rolle spielen dabei Instagram-Filter, KI-generierte Influencer und Beauty-Apps? In unserem interaktiven Workshop setzen sich Ihre Schüler:innen kritisch mit historischen und aktuellen Schönheitsidealen auseinander und entwickeln in einem spannenden Experiment eine reflektierte Haltung zu Medien und der eigenen Selbstwahrnehmung. Sie diskutieren brennende Fragen unserer Zeit rund um Schönheit, Identität und künstliche Intelligenz in unserer Ausstellung „Behind Beauty – Die Schönheitsindustrie im 20. Jahrhundert“.
Schreiben und verwalten – Eine Zeitreise durchs Büro
Lieber im Homeoffice und / oder im Großraumbüro arbeiten? Oder in einem eigenen Büro als Chef und Arbeit an den / die Sekretär*in delegieren? Seit wann gibt es eigentlich Büroarbeit?
In diesem Workshop machten Schüler*innen eine Zeitreise durch die Industrialisierung des Büros. Wie war das vor 100 Jahren? Welche Arbeitsmittel zur Kommunikation und Organisation der Arbeit gab es früher und was nutzen wir heute? Wer arbeitete im Büro und wie wurden die Angestellten im Vergleich zu Arbeitern bezahlt? Die Teilnehmenden erprobten auch ganz praktisch die Büroarbeit. Unsere Jungen und Mädchen schrieben mit der Feder in Rechnungsbücher und nutzen mechanische Schreibmaschinen. Es wurden Geschlechterrollen, eigene Werte und Normen im historischen Zusammenhang gewichtet und Ideen für die Zukunft der Büroarbeit entworfen.
Karl vor der Wahl
Der 14-jährige Karl steht vor der Entscheidung: Soll er weiter zur Schule gehen oder in der Textilfabrik eine Arbeit aufnehmen?
Rollenspiel mit freier Regie - unsere Schüler*innen entschieden selbst, wie das Theaterstück verlief und es am Ende ausging. Das war und ist immer wieder spannend.
Die gemachten Erlebnisse besprachen die Teilnehmer*innen schließlich im historischen Ambiente im Innenhof der Weberei.
Es gilt ein besonderer Dank der Fachschaft Geschichte, die sich seit nunmehr gut 15 Jahren so intensiv um die enge Kooperation mit dem LWL-Industriemuseum einsetzt. Da freuen wir uns doch alle schon auf das Herding-Festival-2026… wenn es dann wieder heißen wird: Mit dem Fahrstuhl in die Vergangenheit!
Wenn Geschichte und Moderne miteinander verwoben sind.
Text & Fotos: FS Geschichte